AUS DEN FUGEN – Seiichi Furuya
Ausstellung in Kooperation mit der styriarte
Eröffnung am 19. Juni 2024 um 19.00 Uhr, Hauptplatz 6, Graz
Begrüßung: Mathis Huber & Helmut Reinisch
Einführung: Manuela Schlossinger
Seiichi Furuya zählt zu Österreichs wichtigsten Vertretern der zeitgenössischen Autorenfotografie mit Ausstellungen unter anderem in der Albertina in Wien, dem Museum der Moderne in Salzburg, dem Metropolitan Museum of Photography in Tokio, dem Fotomuseum Winterthur, dem Metropolitan Museum of Art in New York, dem Stedelijk Museum in Amsterdam, dem Centre Pompidou in Paris und vielen mehr. Die Fotografie als künstlerisches Medium kämpft hierzulande nach wie vor um Akzeptanz und Öffentlichkeit. Umso notwendiger ist es derart wichtige Positionen in Einzelausstellungen erfahrbar zu machen.
Furuyas Zugang zur Fotografie ist ein Unmittelbarer. Es geht nicht um den inszenierten Versuch der Abbildung der Wirklichkeit, sondern um das Leben und vor allem die Erinnerung daran. Am 7. Oktober 1985 nahm sich Christine Gössler, Furuyas Frau, auf Grund einer fortgeschrittenen psychischen Krankheit das Leben. Es gibt verschiedene Möglichkeiten mit solch einem enormen persönlichen Verlust umzugehen: Ungläubigkeit, Trauer oder auch Verdrängung. Seiichi Furuya entschied sich allerdings für die stete Erinnerung und für die Fotografie als Medium dieses Gedenkens. Unter dem zusammenfassenden Namen Mémoires präsentierte der Künstler viele Ausstellungen und auch Publikationen zu diesem Thema.
Die Ausstellungen waren für das Publikum erzählte Geschichten. Ausgehend von den Portraits von Christine in Kombination mit variierenden Fotografien anderer Werkgruppen, fungierten szenisch angeordnete Arbeiten als Vermittler und Katalysator einer durch die Erinnerung bestimmten Geschichte des Lebens. Die Publikationen produzierte Furuya auf der anderen Seite trotz der international enorm positiven Reaktionen allein für sich selbst. Die abgedruckten Fotobände stellten für ihn einen zur Zeit des Entstehens der jeweiligen Bücher aktuellen konservierten Stand seiner Erinnerungen dar. Für Furuya bedeutete das Voranschreiten seines Lebens einen stetig wechselnden Zustand der Erinnerung an seine Frau. Neue aktuelle Fotos kamen dazu und bildeten mit den Fotos aus den sieben gemeinsamen Jahren des Künstlers mit seiner Frau einen neuen Erzählstrang.
Die vorliegende Ausstellung „Aus den Fugen“ wurde bereits zwei Mal in Japan gezeigt und ist jetzt die erste Einzelausstellung des Künstlers in Graz seit 2005. Der Titel aus den Fugen beschreibt den fließenden Zustand der Zeit in der Erinnerung Furuyas. Er holt die Verblichene aus der Vergangenheit in die Zeit, die dann entsteht, wenn Vergangenes und Gegenwart sich verbinden und der Vergangenheit stets wieder begegnet wird.
Die zeitliche Abfolge der Fotografien in der Ausstellung steht nicht im Vordergrund und wird durch die Gegenüberstellung und Sequenz aus Motiven der gemeinsamen Zeit des Paares und der Einsamkeit des Künstlers danach in narrative Zusammenhänge gebracht.
Die zeitliche Komponente tritt erst dann hervor, wenn man sich die Jahreszahlen der Portraits seiner Frau ansieht. Hier wird die Dokumentation der Veränderung, des subtilen Verfalls eines Menschens sichtbar und spürbar, ausgehend von einer aufblühenden Knospe bis hin zur durchdringenden Leere des Verlusts.
Seiichi Furuyas gelebte Erinnerung, sein fotografisches Werk bewegt sich entlang der schmalen Grenze zwischen Poesie und Konfrontation. Es ist ein Werk abseits der in der Fotografie weit verbreiteten Untersuchung medien-immanenter Problemfelder zugunsten der Unmittelbarkeit des Lebens. Die direkte Authentizität die seine Arbeiten vermitteln lässt das Publikum ergriffen und nachdenklich zurück und bietet Einblick in das Leben und die gelebte Erinnerung von Seiichi Furuya.
Manuela Schlossinger