ERÖFFNUNG am Freitag, dem 17. Mai 2019
19.00 Uhr, Hauptplatz 6
Einführung: Günther Holler-Schuster
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Ein zentraler Prozess innerhalb der modernen Malerei war die Verabsolutierung der malerischen Mittel und Verfahren. Hatte diese Ebene davor ausschließlich untergeordnete Funktionen – Abbildung, Illusion – so verschiebt sich das in der Moderne grundsätzlich. Farbe, Bildträger, Pinsel ja auch der Künstler selbst werden zum Thema, womit sich in der Folge eigene Fragestellungen und Bildfindungen ergeben. Die Farbe und der Pinselstrich sind nicht mehr dazu da, einen Gegenstand abzubilden, sondern sie werden selber zu Inhalten. So wird der Pinselstrich gleichzeitig zum Inbegriff des Malerischen, wie auch zum Ursprung des Performativen. Die Farbe versucht nicht mehr die Realität zu imitieren, sondern sie wird zur Sache selbst, zur Substanz.
Joseph Marsteurers Werk ist ein komplexes und ist – so malerisch es auch erscheinen mag – von konzeptuellen Vorstellungen bestimmt. Malerei als intellektuelles Spiel, Pinselstriche in variablen Zuständen, flexibel in der Anordnung, immer neu, pflegeleicht. Marsteurer lotet den Kontext Malerei analytisch aus, überprüft die darin wirksamen Methoden und Bedeutungen immer wieder aufs Neue. Kein Bild wird an der Oberfläche dieser Malerei sichtbar, vielmehr handelt es sich in diesen Werken um eine Form der Dekonstruktion des Malerischen. Die Malerei täuscht hier die konventionelle Form des Gemäldes vor, bedient sich des Pinselstrichs und chromatischer Wirkungen, ist aber am Ende auf Plexiglasplatten gewickelte Plastikfolie, womit die Aspekte Licht und Schichtenauftrag angedeutet sind. Gleichzeitig führen diese Materialien in eine gewisse Realität der Dinge, des Industriellen, des Alltäglichen, des üblicherweise Unkünstlerischen.
„In jedem Gegenstand ästhetischer Betrachtung ist auch dessen nicht ästhetische Anschauung implizit gegeben“, meint Josef Marsteurer. Genau in diesem Bereich, in dem klare Zuordnungen nicht mehr möglich sind, ist diese Kunst angesiedelt. Das Objekt, die Dreidimensionalität und damit auch die Realität ganz allgemein lassen sich nicht mehr ohne weiteres abbilden, sie dringen direkt ins künstlerische Geschehen ein. Joseph Marsteurer analysiert präzise und beantwortet die Frage nach der Malerei und deren Bedeutung für die Gegenwart auf sehr eindrucksvolle Art. Da sein Werk sehr vielfältig ist, sehen wir in dieser Ausstellung lediglich einen knappen Ausschnitt. Der in Wien lebende Künstler, der in Graz bereits durch Ausstellungen in Erscheinung getreten ist, kann zweifellos als einer der forschenden Malerpersönlichkeiten angesehen werden, die für die aktuellen Entwicklungen innerhalb des Mediums so bezeichnend sind. Die Malerei ist wohl die klassischste Disziplin innerhalb der bildenden Kunst, über die am meisten diskutiert und theoretisiert wurde und wird. Die Schwierigkeit und die Bemühung, ihr heute noch gerecht zu werden treibt, wie man sieht, die verblüffendsten und schönsten Blüten
Günther Holler-Schuster